Ihr Lieben!
Natürlich folgt nach dem ersten Teil der Vorschau-Auslese ein zweiter Teil (dem auch noch ein oder zwei weitere folgen werden). 🙂 In diesem Beitrag möchte ich mich nun den Highlights der Herbstvorschauen von Kein & Aber, Suhrkamp & Ullstein widmen. Ihr dürft gespannt sein, denn da kommt sehr viel tolles Lesematerial!
Kein & Aber Verlag
Sebastian Guhr, „Die langen Arme“
Bereits vor zwei Jahren sind Antje und Yvette mit ihrem Vater nach Gangolfsömmern gezogen, aber richtig angekommen sind sie noch nicht. Von den anderen Bewohnern der DDR-Kleinstadt werden sie als sonderbar abgestempelt und gemieden – wohl auch, weil sie gerne in der Garage ihres Vaters an ungewöhnlichen Apparaturen herumbasteln. Als sie eines Tages ein weitverzweigtes Tunnelsystem unter der Stadt entdecken, bietet sich den wissenschaftlich ambitionierten jungen Frauen endlich die Gelegenheit, ihren Leidenschaften ungestört und freizügig nachzugehen: Antje kann ihre Mitmenschen nun ganz genau erforschen, während Yvette die Räume für Geruch-Klang-Experimente nutzt. Doch mit der Zeit verändert sich Yvette merklich. Noch während Antje Nachforschungen dazu anstellt, fasst ihre Schwester einen Plan, der die Welt, wie sie sie kennen, auf den Kopf stellen wird. Kann eine bestimmte Geruchsmelodie gar die Mauer zum Einsturz bringen?
Meine Meinung: Dieses Buch hat den Blogbuster-Preis gewonnen, dessen Leseproben seit geraumer Zeit in meiner Pocket-Liste herumschwirren. Die Ideen der Shortlist-Teilnehmer fand ich alle klasse, wollte aber dann doch bis zur Entscheidung warten, bis ich in die Leseproben reinschnuppere, um nicht zu enttäuscht zu sein, wenn mein Favorit nicht gewinnt. Nun werde ich also definitiv mal reinschauen – und „Die langen Arme“ muss unbedingt bei mir einziehen. ♥
Jeanette Winterson, „Frankissstein“
Großbritannien heute: Der junge Arzt Ry Shelley trifft auf einer Konferenz nicht nur einen ebenso einfältigen wie erfolgreichen Gründer einer Firma für Sex-Roboter, sondern auch den renommierten Wissenschaftler und Experten für Künstliche Intelligenz Viktor Stein. Während sich zwischen Ry, einem als Frau geborenen Mann, und Viktor eine Liebesgeschichte entspinnt, ist die ehrgeizige Journalistin Polly einer heißen Story auf der Spur: Über Viktor Steins Vergangenheit ist nur Widersprüchliches bekannt, schon seit Jahren scheint er seine wahre Herkunft zu verschleiern. Genauso mysteriös sind seine gegenwärtigen Motive: Was – oder wen? – hält er in seinem geheimen Labor verborgen?
Okay, das klingt verrückt! Bisher habe ich von Jeanette Winterson nur den Roman im Rahmen des Shakespeare-Projekts gelesen („Der weite Raum der Zeit“), aber vielleicht muss ich hier echt mal einlenken und einen Blick auf diese Kuriosität werfen. Frankenstein vs. künstliche Intelligenz – das könnte nicht nur abgedreht, sondern sogar ziemlich spannend werden!
Yukio Mishima, „Der goldene Pavillon“
Der junge Mizoguchi ist schwächlich und ein Stotterer. Unfähig, sich seiner Umwelt verständlich zu machen, wird er von den anderen Kindern ausgegrenzt. Je elender er sich fühlt, desto stärker wächst seine Sehnsucht nach dem Wahren und Schönen. Die Schönheit des Goldenen Pavillons, von dem ihm sein Vater seit seiner Kindheit erzählt, wird für ihn immer mehr zur qualvollen Obsession: Sie allein scheint vollkommen und gleichzeitig unerreichbar. Das Bild des Pavillons lässt ihn nicht mehr los und verfolgt ihn bis in seine Begegnungen mit Frauen. Verzweifelt sieht er nur noch einen Ausweg: das zu zerstören, was er am meisten verehrt.
Bei diesem Buch bin ich etwas unschlüssig, da mir der letzte Mishima, „Bekenntnisse einer Maske“, nicht 100%ig zugesagt hat. Die Sprache mochte ich allerdings sehr, weshalb ich meinen Riecher doch zumindest mal in die Leseprobe stecken möchte.
Suhrkamp Verlag
Emma Braslavsky, „Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten“
Berlin, in einer nahen Zukunft. Die Stadt pulsiert dank der Hubot-Industrie: Robotik-Unternehmen stellen künstliche Partner*innen her, die von realen Menschen nicht zu unterscheiden sind; jede Art von Beziehungswunsch ist erfüllbar, uneingeschränktes privates Glück und die vollständige Abschaffung der Einsamkeit sind kurz davor, Wirklichkeit zu werden. Doch die Zahl der Selbsttötungen hat sich verzehnfacht. Denn die neuen Wesen beherrschen zwar die hohe Kunst der simulierten Liebe, können aber keine Verantwortung für jene übernehmen, mit denen sie zusammenleben. Immer mehr Menschen gehen an sozialer Entfremdung zugrunde. Deshalb kommt Roberta auf den Markt. Sie soll die Angehörigen der Suizidanten ausfindig machen, um dem Sozialamt die Bestattungskosten zu ersparen. Versagt sie, wird sie in Einzelteile zerlegt und an die Haushaltsrobotik verscherbelt. Und nicht jeder ist am Erfolg ihrer Ermittlungen interessiert.
Huch, da klingt ja toll! Emma Braslavkys „Leben ist keine Art, mit einem Tier umzugehen“ steht bereits in meinem Regal (wenn auch ungelesen), sie hat also schon einmal meine Neugier geweckt. Dieses Mal möchte ich ihren Roman aber ganz unbedingt und sofort lesen. Mich erschleicht auch langsam das Gefühl, KI ist gerade ein ziemliches Trendthema, kann das sein?
Marieke Lucas Rijneveld, „Was man sät“
Kurz vor Weihnachten bemerkt die zehnjährige Jas, dass der Vater ihr Kaninchen mästet. Sie ist sich sicher, dass es dem Weihnachtsessen zum Opfer fallen wird. Das darf nicht passieren. Also betet Jas zu Gott, er möge ihren älteren Bruder anstelle des Kaninchens nehmen. Am selben Tag bricht ihr Bruder beim Schlittschuhlaufen ins Eis ein und ertrinkt. Die Familie weiß: Das war eine Strafe Gottes, und alle Familienmitglieder glauben, selbst schuld an der Tragödie zu sein. Jas flieht mit ihrem Bruder Obbe und ihrer Schwester Hanna in das Niemandsland zwischen Kindheit und Erwachsensein, in eine Welt voll okkulter Spiele und eigener Gesetze, in der die Geschwister immer mehr den eigenen Sehnsüchten und Vorstellungswelten auf die Spur kommen.
„Was man sät“ scheint dem Klappentext nach ein sehr leises Buch zu sein. Eines von der Sorte, wo man mit der Stille in das Buch hineingesogen wird und sich nicht mehr wehren kann, wenn dann die große Schelle kommt. Ich freu mich drauf!
Ullstein Verlag
Anika Decker, „Wir von der anderen Seite“
Als Rahel Wald aus einem heftigen Fiebertraum erwacht, versteht sie erst mal gar nichts. Wo ist sie, warum ist es so laut hier, was sind das für Schläuche überall. Nach und nach beginnt sie zu verstehen: Sie ist im Krankenhaus, sie lag im Koma. Doch richtig krank sein, hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt: feierlicher, ja, heiliger. Als Komödienautorin kennt sich Rahel durchaus mit schrägen Figuren und absurden Situationen aus, aber so eine Reise von der anderen Seite zurück ins Leben ist dann doch noch mal eine eigene Nummer. Vor allem, wenn der Medikamentenentzug Albträume und winkende Eichhörnchen hervorruft.
Das bezaubernde Cover hat meinen Blick gezielt auf dieses Buch gezogen – wer kann schon Nein sagen zu einem psychedelischen Eichhörnchen? 😀 „Wir von der anderen Seite“ klingt schmerzhaft und intensiv. Es erinnert mich doch glatt ein wenig an „Der Riss“, das ich neulich gelesen habe, in dem der Protagonist auch im Koma lag und der Leser mit ihm den Kampf durchmacht, gefangen im eigenen Körper.
Nhung Dam, „Tausend Väter“
Als Tochter von Bootsflüchtlingen ist sie in einem unbekannten und eiskalten Land abgesetzt worden. Die elfjährige Nhung hat sich noch nicht daran gewöhnt, da ist ihr Vater schon wieder auf der Flucht. Das Mädchen steckt fest zwischen ihrer verzweifelten Mutter und dem Aberwitz des fremden Lebens. Das Einzige, was sie in dieser Welt voller Huren, Zahnpastaverkäufern und Spielsüchtigen hat, ist ihre blühende Fantasie. Sie glaubt sich auf dem Meeresgrund, umschlungen von Algen und unfähig, aufzutauchen. Und was soll sie auch an der Oberfläche? Seit ihr Vater verschwunden ist, liegt dauerhaft Schnee und die anhaltende Kälte drückt wie Eis auf die Herzen der Menschen. Nhung sucht nach Rettung und fragt sich, was es heißt, ein Vater zu sein. Kann ein Land ein Vater sein, kann eine Freundschaft ein Vater sein?
Asiatische Literatur! ♥ Da geht mein Herz auf wie ein Hefeteig und jedem, der hier ein bisschen länger liest, ist klar, dass ich „Tausend Väter“ unbedingt lesen muss. Es scheint zudem autobiographisch (angehaucht) zu sein, was die Lese-Erfahrung nochmal intensiver erwarten lässt. Vorfreude!