Hier möchte ich euch zwei Bücher vorstellen, die bei den ganzen Neuerscheinungen und den ganzen Rezensionen einfach zu kurz gekommen sind. Es handelt sich um Mary Shelleys „Frankenstein“ in der wunderschönen Manesse Ausgabe und um Michael Kleebergs „Vaterjahre“. Warum ich diese Bücher bisher nicht vorgestellt habe? Weil ich sie (relativ schnell) abgebrochen habe. Ich erlaube mir also kein finales Urteil über diese Werke.
Worum geht’s?
Die Liebe und Sorge eines Vaters, Selbstbehauptung im Beruf, Konfrontation mit Kindheit und Familie, Abgründe der Freundschaft, Verlockungen des Ausbruchs und Einbruch des Todes. Dies ist die Geschichte des mühevollen Reifeprozesses und der Bewährungsproben Karlmann Renns, der sein Leben ohne die Tröstungen der Religion, der Kunst und der Philosophie meistern muss. Michael Kleeberg gestaltet seine Welt mit vielfältigen Stimmen, Klängen und Rhythmen, durch die multiplen Perspektiven seines Erzählens. Komik und Tragik, Lakonie und Zärtlichkeit – die sprachschöpferische Lust dieses Romans ist grenzenlos.
Wie hat es mir gefallen?
Als das Buch bei mir einzog, hatte ich noch keine Ahnung, dass es sich um einen Fortsetzungsband handelte. 2007 erschien nämlich Kleebergs „Karlmann“, der vom jungen Karlmann Renn handelte. In „Vaterjahre“ wird dieses Leben nun weitergesponnen, wir erfahren von Karlmanns Lebensabschnitt als Ehemann und Vater. Das Leben des selbstgerechten und selbstbewussten (und gelegentlich auch kotzbrockigen) „Charly“ im trauten Heim bekommt aber erste Risse, und der Mittvierziger muss einige berufliche Rückschläge meistern. Kleeberg spielt hier mit ständig wechselnden Perspektiven und auch mit verschiedenen Textformaten: so findet der Leser in „Vaterjahre“ nicht nur Romanprosa vor, sondern auch Tagebucheinträge und auch eine Art Planer, der die Ereignisse des Tages kommentarlos vorbeiziehen lässt. Allein, weil ich den Vorgänger dieses Buches nicht gelesen hatte, ging ich mit einer gewissen Scheu an den Text heran. Der Erzählstil ist gelungen, Kleeberg hat eindeutig ein Händchen für griffige Texte, doch die vielen Perspektiven haben mich ständig aus der Geschichte gebracht. Vielleicht muss ich mich mit ausreichend Zeit und Muße erneut an das Buch setzen, vielleicht lese ich vorher auch einmal den „Karlmann“. Schaden kann es ja nicht.
Michael Kleeberg, Vaterjahre. Penguin Verlag. Taschenbuch, 498 Seiten. ISBN: 9783328100218. Erschienen am 13.02.17. Zur Verlagsseite
Worum geht’s?
Nach Jahren des Experimentierens ist es dem ehrgeizigen Forscher Victor Frankenstein gelungen, aus toter Materie einen künstlichen Menschen zu erschaffen. Doch das Ergebnis seiner alchemistischen Versuche erschüttert ihn bis ins Mark. Entsetzt überlässt er das Wesen seinem Schicksal. Dessen verzweifelte Suche nach Nähe und Akzeptanz endet in Chaos und Verwüstung. Als das Wesen nach und nach Rache an Frankensteins Familie nimmt, beschließt dieser, seine Kreatur zu jagen und zu töten… Das Erstlingswerk einer 19-Jährigen entstand als Gruselgeschichte zum Vorlesen im Freundeskreis. Der jungen Mary Shelley gelang einer der berühmtesten Romane der Weltliteratur, der seit nunmehr 200 Jahren und auch heute noch gültige Fragen zur Verantwortung des Menschen über seine Schöpfung stellt.
Wie hat es mir gefallen?
Die wunderschöne Manesse Ausgabe hat mich überzeugt, endlich mal wieder einen Klassiker zur Hand zu nehmen. Das geschieht viel zu selten und „Frankenstein“ wollte ich ohnehin schon seit langer Zeit lesen. Warum also nicht diese schöne Edition, die das Lesen von einem (so nahm ich an) drögen Text etwas erleichtert? Und vielleicht ist dieses Werk ja spannend? Hm. Das Buch beginnt mit fast 50 Seiten an Briefen Robert Waltons an seine Schwester, in denen er von einer Schifffahrt erzählt und von Victor Frankenstein, den sie mit an Bord nehmen und der eine verrückte Geschichte erzählt. Nach den Briefen erfährt der Leser die Geschichte um Frankensteins Monster aus Victors Sicht, seinem Studium und wie er es schafft, totes Fleisch wieder zum Leben zu erwecken. Wie das ausgeht, ist jedem doch mehr oder weniger bekannt. Ich hatte mir jedenfalls von einem hochgelobten Klassiker mal wieder mehr erwartet,vor allem, da der Text auch neu übersetzt wurde. Die Erzählsprache war für mich nicht gut lesbar und von Spannung und Grusel fehlte leider jede Spur. Für die damalige Zeit war „Frankenstein“ ohne Zweifel ein spannungsgeladener Schocker, aber in der heutigen, abgestumpften Zeit eher weniger. Die Moral spielt hier meines Ermessens eine weit größere Rolle, und auch wenn „Frankenstein“ zu einem dieser Bücher zählt, die man gelesen haben sollte, konnte ich mich nicht überwinden, mich komplett durch das Werk zu quälen. Erzählsprache ist doch leider (fast) alles!
Mary Shelley, Frankenstein. Manesse Bibliothek. Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 459 Seiten. ISBN: 9783717523703. Erschienen am 02.10.17. Zur Verlagsseite
Bei Frankenstein kann deinen Abbruch des Buches so gut nachvollziehen! Ich habe es 2015 mit ein paar anderen Leuten während einer Twitter-Aktion gelesen und mich über gefühlte tausend Jahre(!!) da durch gequält. Und was soll ich sagen.. Es hat sich nicht gelohnt. Es wird zwar irgendwann besser, aber insgesamt war es die „Anstrengung“ für mich einfach nicht wert. Also: Du hast nix verpasst. 😀
Ah, super, dann bin ich wohl nicht die einzige 😀