Dieses Buch ist etwas Besonderes, ein Genre-Mix, der schwer zu beschreiben ist. Was im Klappentext den Eindruck macht, als handele es sich um ein Jugendbuch, entwickelt sich zu Science-Fiction, Mystery, Coming-of-Age und Action – und das deckt es noch nicht einmal ab. Ein absolutes Highlight!
Worum geht’s überhaupt?
Ein paar Klicks, ein kurzer Film, eine spontane nächtliche Aktion – und Aprils Leben steht auf dem Kopf. Eigentlich hatte sie nur eine mysteriöse, aber beeindruckende Roboter-Skulptur gefilmt und ins Netz gestellt und ihr aus Spaß den Namen CARL gegeben – nichts Besonderes eigentlich, doch als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist sie berühmt. Überall auf der Welt sind Carls aufgetaucht, niemand weiß, woher sie kommen, niemand weiß, wofür sie gut sind. April wird zur Carl-Expertin, die Medien stürzen sich auf sie, ihre Videos verbreiten sich millionenfach…
Nach diesem Klappentext hat man eigentlich den Eindruck, es ginge primär um Social Media, eine plötzlich populäre junge Frau und eine Roboter-Skulptur, die scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht ist. Doch nach der Lektüre muss ich sagen, dass dieser Klappentext herrlich wenig über das eigentliche Buch verrät. Es geht um so viel mehr und hat wirklich meine Erwartungen übertroffen! Hank Green hat es wirklich geschafft, viele Themen zu einem großen Komplex zu verknüpfen, wie ich es eigentlich nur von den Büchern von Scarlett Thomas kenne.
Aber ich muss gestehen, dass dieses Buch irgendwie einfach an mir vorbei gezogen ist. Erst, als ich durch die Frühjahrsvorschau des dtv Verlags geschmökert habe, ist mir „Ein wirklich erstaunliches Ding“ in die Augen gefallen und der Klappentext sprach mich so sehr an, dass ich sofort die Originalausgabe lesen musste. Und ich habe es definitiv nicht bereut!
Was macht dieses Buch denn so besonders?
Was mir wirklich gut gefallen hat an diesem Young-Adult-Sci-Fi-aber-irgendwie-doch-nicht Buch ist, wie ihr vermutlich bereits erkannt habt, die Mischung verschiedenster Genres. Was als Young-Adult-Buch startet, wird im Verlauf der Geschichte so viel mehr, dass es mir richtig schwer fällt, das in Worte zu packen, ohne euch irgendwie zu viel von der Geschichte zu verraten. Es ist einfach so unglaublich kreativ und unfassbar authentisch! Denn dadurch, dass die Ich-Erzählerin und Protagonistin April May (ja, so heißt sie wirklich) sich direkt an den Leser wendet und rückblickend erzählt, entsteht der Eindruck, als würden wir ihren Youtube-Channel verfolgen und wären live dabei, während sie Carl entdeckt und alles Weitere seinen Lauf nimmt. So teasert April auch das ominöse Kapitel 13 an, in dem es richtig Action geben soll und warnt im späteren Verlauf auch mit einer Triggerwarnung vor einem Kapitel.
Ein wichtiges Thema in diesem Buch ist zudem auch Social Media. Während April zu Beginn von „Ein wirklich erstaunliches Ding“ Spaß am Medienrummel hatte und an dem ganzen Geld, das sie und ihr bester Freund Andy daran verdienen, wird das alles nach und nach bitterer Ernst, als der Shitstorm beginnt, sich die Menschen in zwei Lager spalten (Carl-Fans und extremistische Carl-Hasser) und April Morddrohungen bekommt und tatsächliche Übergriffe geschehen. Schnell wird aus der Idee, ein Video von einer skurrilen Skulptur zu drehen, eine ungesunde Fixierung auf ihre eigene Person, bzw. ihre Internet-Persona.
Hank Green schafft es auf großartige Weise, dieses doch sehr ernste Thema mit der anderen Hälfte des Geschehens zu verknüpfen – mit den Carls, die weltweit plötzlich aufgetaucht sind und die gesamte Menschheit rätseln lassen: groß angelegtes Kunst- oder Marketingprojekt oder reale Bedrohung aus dem Weltall? Die Welt rastet aus und April, Andy und ihr Video zu Carl sind mittendrin. Hank Green packt zu all diesen Themen noch eine große Prise Gesellschaftskritik, bei der man als Leser permanent zustimmend nicken kann. Diese Sucht nach der nächsten Sensation, der Fokus auf den eigenen Vorteil, all das kommt hier deutlich zum Vorschein. Das gesamte Buch erscheint mir im Vergleich zu anderen, die ich die letzte Zeit über gelesen habe, hyperreal – nicht im Bezug auf die Carls, sondern auf dem Wahnsinn, der um sie herum entsteht. Sehr gruselig!
Fazit: Wenn ihr ein Fan von Young Adult-Büchern seid, solltet ihr dieses hier auf jeden Fall lesen! Aber auch, wenn das nicht euer Lieblingsgenre sein sollte – werft zumindest einen Blick in die Leseprobe. Die Erzählsprache ist frisch und leicht und man kann dieses Buch wirklich schnell beenden. Aber seid gewarnt: Suchtgefahr!
„Ein wirklich erstaunliches Ding“ von Hank Green erscheint am 28.02. im dtv Verlag!
Weitere Meinungen findet ihr bei Juliane
Bin gerade dabei, es zu lesen, aber noch ganz am Anfang (erstes Kapitel beendet) und gespannt, was mich noch so erwartet …