Was, wenn von einem auf den anderen Tag die Farben von der Welt verschwänden? — Spannend, emotional und lehrreich!
Von einem Tag auf den anderen verschwinden die Farben von der Erde. In dieser neuen Welt in Schwarz-Weiß setzt sich ein kurioses Duo in den Kopf, die Menschheit aus der Depression zu retten – eine abenteuerliche Suche nach den Farben beginnt. Arthur ist eine gestrandete Existenz, der in einer Buntstiftfabrik arbeitet, bis diese Konkurs anmelden muss. Charlotte ist seine Nachbarin. Sie ist von Geburt an blind und hat sich als Wissenschaftlerin auf ein Gebiet spezialisiert, das sie niemals sehen konnte: Farben. Sie werden unterstützt von ihrer Tochter, die eine geheimnisvolle Gabe hat. Auf ihren Fersen ist eine Horde von Nichtsnutzen im Auftrag der chinesischen Mafia… (zur Verlagsseite)
„Arthur und die Farben des Lebens“ konnte mich direkt mit Cover sowie Klappentext überzeugen, und schwupp fand sich dieses Buch in meinem Regal wieder. Und da letztes Wochenende wunderbar sonnig war und auf den Balkon gelockt hat, habe ich mir dieses „leichte“ Büchlein mit in die Sonne genommen… und direkt verschlungen! Jean-Gabriel Causses Roman erzählt von Arthur, mit dem das Leben es stets gut meinte, der jedoch nach der Scheidung seiner Eltern in einen tiefen Abgrund gefallen ist: Der arbeitslose Alkoholiker verbringt mittlerweile den ganzen Tag in der Kneipe unter seiner Wohnung und mit dem Blick aus dem Fenster in die Wohnung seiner schönen Nachbarin Charlotte hinein, die zu seinem Glück keine Vorhänge hat. Dass sie blind ist und Vorhänge ihr reichlich egal sind, findet er kurze Zeit später heraus. Charlotte wohnt mit ihrer Tochter Louise allein dort und geht einem Beruf nach, den man bei ihr zunächst nicht vermutet: Sie ist Expertin für Farben. Sie befasst sich mit den neurobiologischen Vorgängen, die in unserem Gehirn ablaufen, wenn wir Farben wahrnehmen. Als blinde Frau hat sie damit „den nötigen Abstand zum Thema“, wie sie selbst sagt. Nachdem Arthur gezwungenermaßen beim örtlichen Buntstiftwerk zu arbeiten beginnt und dieses Konkurs anmelden muss, geschieht plötzlich das Unfassbare: Nach und nach verschwinden alle Farben! Durch einen grandiosen Zufall schließt sich Arthur mit Charlotte und Louise zusammen und gemeinsam versuchen sie, die Farben wiederzufinden…
Licht mit einer Wellenlänge von fünfhundertzwanzig Nanometern trifft auf die Zapfen in Arthur Astorgs Netzhaut. Sofort jagt ein elektrischer Impuls durch sein Gehirn in das V4-Areal seiner Hirnrinde. Es ist die Farbe Grün, die diese Reaktion bei ihm auslöst. Genauer gesagt das Apfelgrün der Sonnenbrille seiner Nachbarin, die er von seinem weit geöffneten Fenster aus unverhohlen anstarrt.
Innerhalb weniger Wochen wurden alle Gewohnheiten der Menschen auf den Kopf gestellt, der Verlust der Farben hat nicht nur auf die tägliche Kleiderwahl Auswirkungen, sondern auch auf die gesamte Wirtschaft! Die Kauflaune der Menschen geht zurück, sie finden ihre Lieblingsmarken im Supermarkt nicht mehr, Essen macht auch keinen Spaß mehr und sogar die Kinder auf dem Pausenhof sind still. Die Stimmung ist gedrückt, das Fehlen der Farben bringt die Welt aus dem Gleichgewicht. Charlotte hat für den Verlust einige Theorien parat: Sind die Farben etwa schleichend verblasst, weil niemand mehr darauf geachtet hat? Ist unsere Fähigkeit, Farben wahrzunehmen, nach und nach abgestumpft und wir haben es erst bemerkt, als die Farben bereits vollständig verschwunden waren?
Mit „Arthur und die Farben des Lebens“ lernen wir nicht nur, wie die Farbwahrnehmung funktioniert, sondern auch, was Farben bedeuten und was sie in uns auslösen. Als später die Farbe Rosa wieder erscheint, ist die ganze Welt friedlich und zufrieden, als Rot jedoch erscheint, brechen Kriege und Krawall aus. Gespickt ist die spannende Story mit einigen Kolumnen Charlottes für das Radio, in denen sie auf die Geschichte und Entwicklung der Farben eingeht. Für mich war das alles Neuland und ich fand jeden Aspekt über die Welt der Farben wunderbar spannend. Wir erfahren unter anderem, was es mit „blau für Jungs, rosa für Mädchen“ auf sich hat und woher der Begriff „Smoking“ eigentlich seinen Ursprung hat. Der Autor schafft es mit seiner locker-leichten, vielleicht sogar „typisch französisch angehauchten“ Sprache, den Leser bis ans Ende der Geschichte zu fesseln und die Schicksale der Charaktere weiterzuverfolgen. Denn in diesem Buch treffen wir nicht nur Arthur, Charlotte und Louise, sondern noch zahlreiche andere Charaktere, unter denen sich Taxifahrer Ajay besonders hervortut. Ajay nämlich ist Synästhesist: mehrere seiner Sinne stehen in Beziehung zueinander, bei ihm ist es die Synopsie — die Geräusche, die er hört, sind mit Farben verbunden. Und so genießt er es zum Beispiel sehr, seinen Motor aufheulen zu lassen, um die Farbe Gelb zu sehen. Umso schlimmer ist es für ihn, als er aus seiner Mittagspause wiederkommt und sein Auto nicht mehr findet, da es grau geworden ist.
»Wir haben die Buntstifte, die dir fehlen. Ich biete dir einen Deal an.«
Fazit: Jean-Gabriel Causse schafft es mit seinem Roman „Arthur und die Farben des Lebens“, nicht nur die Geschichte einer wilden Jagd zu erzählen, sondern dem Leser auch einen spannenden Mehrwert zu bieten, indem er uns die Wissenschaft der Farben und deren Geschichte näher bringt. Die wunderbar leichte Sprache lädt dazu ein, das Buch direkt am Stück zu verschlingen und die Geschichte selbst finde ich auch wunderbar gelungen. Was die Buntstiftfabrik aber mit dem Wiederauftauchen der Farben zu tun, hat müsst ihr selbst herausfinden… 😉 Absolute Leseempfehlung!
Dieses Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom C. Bertelsmann Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Jean-Gabriel Causse, Arthur und die Farben des Lebens. C. Bertelsmann Verlag Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 285 Seiten ISBN: 9783570103463 Erschienen: 10.04.18