Brandaktuell, sehr kurzweilig und wahnsinnig intensiv!
Worum geht’s?
Am Ende eines heißen Sommertags werden die Polizisten Virginie, Aristide und Érik mit einem Sondereinsatz beauftragt: Sie sollen einen Flüchtling, dessen Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, zum Flughafen bringen. Schnell begreift Virginie, dass den Mann in seiner Heimat der sichere Tod erwartet. Sie und ihre Kollegen geraten in einen Gewissenskonflikt: Gehorsam leisten oder den eigenen moralischen Instinkten folgen? Die Fahrt nach Roissy wird zu einer schweren Prüfung, aus der keiner der Beteiligten unversehrt hervorgeht, wenngleich jeder andere Konsequenzen für sich daraus zieht.
Klappentext Plus
Hugo Boris legt mit „Die Polizisten“ ein Buch vor, das aktueller nicht sein könnte. Sollen die drei Polizisten den Flüchtling in sein Schicksal entlassen, also ihrem Job streng nachkommen, oder ihm die Möglichkeit geben, zu entkommen? Dieses extrem kurzweilige Buch beschreibt den Tag dieser drei Polizisten, wobei jeder der drei eine interessante Hintergrundstory erhält. Der Leser erfährt, dass die eigentlich in einer Beziehung lebende Virginie mit dem Schönling und Muskelprotz Aristide angebandelt hat und schwanger von ihm ist. Doch gesagt hat sie es ihm noch nicht. Der Roman spielt also nicht nur wie ein Kammerspiel im Auto der Polizisten, sondern wir erfahren in mehreren Rückblicken auch die genauen Hintergründe der Charaktere. Wir durchleben mit Virginie das Gefühlschaos, das nicht nur sie selbst betrifft, sondern natürlich auch die Entscheidung, die die drei zu treffen haben – oder eben nicht. Dadurch, dass der Flüchtling kein Englisch spricht, wird die Kommunikation deutlich erschwert, aber dies gibt den Polizisten die Chance, unvoreingenommen zu urteilen. Aber steht es ihnen überhaupt zu, über das Schicksal dieses Mannes zu urteilen? Virginie ist sich nicht sicher und öffnet die vertraulichen Akten, die sie zur Übergabe am Flughafen erhalten haben…
Man hat die Drecksarbeit unterbezahlten Angestellten irgendwelcher Behörden überlassen, die damit klarklommen müssen. Die Verantwortung verteilt sich auf die Polizeipräfektur, die Wärter, das Begleitpersonal, die Grenzpolizei, die Piloten, die Hostessen und Stewards, damit jeder bequem denken kann: Ich war’s nicht, die anderen haben’s getan.
Wie hat es mir gefallen?
Dieses Buch war einer meiner Lieblinge in 2018. Um diesem wunderbaren Buch gerecht zu werden, habe ich mir einige Zeit mit dem Rezensieren gelassen, um auch den Inhalt noch einmal sacken zu lassen. „Die Polizisten“ zeigt, wie verschiedene Menschen mit einem eigentlich „logischen“ Auftrag auf der Arbeit umgehen, wenn dieser nicht mehr ganz so logisch und nachvollziehbar ist. Die Frage, ob sie das Leben des Flüchtlings – der, sobald daheim angekommen, höchstwahrscheinlich erschossen werden würde – verschonen und ihn frei lassen sollen, ist unfassbar schwierig, auf moralischer und auch auf politischer Ebene. Die drei Polizisten, die bereits viele unfassbare Dinge in ihrem Berufsleben gesehen haben, kämpfen mit ihrem Gewissen, und das ist für den Leser unglaublich spannend zu verfolgen. Gerade, weil die Virginie, Aristide und Érik nicht unbedingt gleicher Meinung sind und sich eine leidenschaftliche Diskussion entwickelt, ist Hugo Boris‘ Kammerspiel wahnsinnig interessant zu verfolgen – welche Argumente sprechen für die Gegenseite?
Wie das Ganze ausgeht, werde ich euch natürlich nicht verraten. So viel sei jedoch gesagt: „Die Polizisten“ ist ein kurzweiliges, zum Nachdenken anregendes Highlight, das ich euch nur ans Herz legen kann. Wie hättet ihr gehandelt?
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Ullstein Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Hugo Boris, Die Polizisten. Ullstein Verlag, gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 188 Seiten. ISBN: 978-3-550-05046-6. Erschienen am 10.08.18. Zur Verlagsseite
Wow, schön, dass dich das Buch so überzeugen konnte! Da mein Freund selbst auch Polizist ist, finde ich die Thematik umso spannender.