Altbewährte Escape-Room Action in neuem, regionalen Gewand – perfekt für einen gemütlichen Rätselabend.
Du wachst in einem Sarg unter der Erde auf. Das Letzte, woran du dich erinnerst: Du absolvierst gerade mit einer Reisegruppe das »Schwaben – LERN FROM THE BEST Programm« in Muggenpfuhl, bei dem du Schwaben »in natura« beim Arbeiten und beim Leben zusehen kannst. Du kämpfst dich heraus und stößt auf weitere Mitglieder der Reisegruppe. Der einzige Weg nach draußen: ein ehemaliges römisches Kanalsystem, das sich unter ganz Muggenpfuhl ausbreitet. Links und rechts zweigen Kammern ab, hinter denen Fallen und spezifische »schwäbische« Herausforderungen warten, Rätsel, die ihr lösen müsst, um das düstere Geheimnis von Muggenpfuhl zu lüften. Der Clou: Ihr müsst euch in die schwäbische Seele hineinversetzen – nur dann habt ihr eine Chance euch zu befreien.
Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich vor den Feiertagen Überraschungspost vom emons Verlag aus meinem Briefkasten gefischt habe, denn erst am Tag zuvor hatte ich dieses Buch auf Instgram entdeckt und es für spannend befunden. Das nenne ich mal Gedankenübertragung! 🙂 Harald J. Marburger und Thomas Killer (was für ein passender Nachname als Rätsel-Autor) haben mit „Entkomm den Schwaben!“ das allererste regionale Exit-Buch ertüftelt. Was auf den ersten Blick mehr nach einem Gag-Geschenk als nach ernsthaften Rätseln mit spannender Story aussieht, entpuppt sich nach und nach als wertiger Nachzügler zu den TOPP oder Kosmos Escape-Büchern. Und anstatt das gesamte Buch zu zerlegen müssen hier lediglich Seiten aufgetrennt werden. Das Konzept ist interessant: Ihr bekommt einen Teil der Story und ein Rätsel vorgesetzt – dann gibts drei Antwortmöglichkeiten, denen jeweils ein Bildausschnitt zugeteilt ist. Seid ihr euch eurer Antwort sicher, gilt es, das passende Bild im Buch zu finden und diese Seiten dann aufzutrennen. Liegt ihr falsch, führt der Weg ins Nichts, stimmt die Antwort aber, seht ihr das an der Nummerierung des Rätsels. Ganz einfach!
Der Einstieg der Story hat mich zugegeben bei den TOPP Escape-Büchern immer etwas gestört (man gerät in einen Zeitstrudel… huiii), deshalb war die Freude groß, als es bei „Entkomm den Schwaben!“ gleich losging. Wir wissen genauso viel (bzw. wenig) wie der Protagonist, und bis auf ein paar fragwürdige Stellen (der asiatische Kollege ist natürlich Origiami-Experte, die dralle Kollegin wird wegen ihrer Figur aufs Korn genommen) – die man sich wirklich hätte sparen können – fand ich den regionalen Twist gut umgesetzt. Hätte aber auch gern etwas mehr sein dürfen! Denn „denken wie ein Schwabe“ muss man bei keinem Rätsel, um auf die richtige Lösung kommen zu können, und bis auf einige Rätsel zu den Sagen und dem Wappen, die ich nachschlagen musste, kam ich gut durch. Die Rätsel sind abwechslungsreich und viele auch ohne Hilfe lösbar. Wer unsicher ist, findet hinten jeweils einen Hinweis zu jedem Rätsel. Diese sind leider nicht immer hilfreich, bspw. wenn man sich absolut auf dem Holzweg befindet oder ein Brett vorm Kopf hat. Hier hätte eine zweite Tipp-Stufe (etwa in einem aufzutrennenden Teil) geholfen. Im schlimmsten Fall kann man aber immer noch raten – zwar nicht im Sinn des Spiels, aber der letzte Ausweg.
Was ich von vielen Seiten immer wieder als Kritik an Escape Room Büchern und Spielen höre, ist die Tatsache, dass man diese nicht weiterverschenken kann, da man meistens alles zerschneiden muss. Das ist natürlich eine valide Aussage, aber gegenüber einem Live Escape Room müssen die Buchautoren natürlich auch immer schauen, wie man reale Dinge auf Papier nachbilden kann. Und ja, auch bei diesem Buch muss man „herumdoktern“, nämlich wie beschrieben die Seiten auftrennen. Da diese aber vorperforiert sind, ist das ein Kinderspiel und keine Seiten sind mir zu Schaden gekommen. Wer das Buch nicht als Geschenk, sondern zum Spaß an Freunde weitergeben möchte, kann die aufgetrennten Seiten von innen einfach mit einem Klebepunkt wieder fixieren, sodass man diese ein weiteres Mal auftrennen kann. Problem solved! Was ich aber tatsächlich als ein wenig problematisch empfunden habe, war die Größe der Rätsel. Mit schlechten Augen oder im miesen Winterlicht erkennt man da nicht so viel.
Fazit: Eine interessante Idee mit einer Umsetzung, wie ich sie noch nicht gesehen habe! Das kleine Escape-Büchlein hat mir während der Feiertage ein paar vergnügliche Stunden bereitet, meinen Kopf aber nicht mit superschweren Rätseln malträtiert. Wer also bereits Escape-Profi ist, findet hier vermutlich keine Herausforderungen mehr. Wer richtige Kopfnüsse braucht, ist mit anderen Escape Room Büchern besser beraten – für einen gemütlichen Rätselabend mit Schwaben-Charme reicht es aber auf jeden Fall!
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom emons Verlag als Lesesexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Harald J. Marburger, Thomas Killer / Entkomm den Schwaben! / emons Verlag / Gebundenes Buch, 80 Seiten / ISBN: 978-3-7408-1014-6 / Erschienen am 07.12.20 / zur Verlagsseite