Die Liebe eines Mannes zu seinem Wildgarten, besonders zu Meerzwiebeln, Komposter und Kater, gespickt mit allerhand lehrreichen Anekdoten aus Shalevs Leben, Bibel, Mythik und Etymologie.
Ein Garten im Norden Israels, mit Anemonen, Mohnblumen, Alpenveilchen, Klematis, mit Feigen, Birnen und einem alten Zitronenbaum. Der israelische Schriftsteller Meir Shalev hat in der freien Natur Samen gesammelt und diesen Garten angelegt, der so wild und bunt sprießt wie seine Phantasie. In Meir Shalevs Garten blühen tausend Geschichten über das Leben, die Liebe, die Kunst und die Natur. Er verrät uns aber auch Praktisches über den Umgang mit Blumen und Schädlingen, über das Einlegen von Oliven und Gurken und über die Kunst, einen guten Limoncello herzustellen. (zur Verlagsseite)
Meir Shalev erzählt in seinem Buch „Mein Wildgarten“ viele kleine Geschichten über seinen Wildgarten und den Lebewesen, die sich in diesem tummeln. Aufmerksam beobachtet er die Gewohnheiten der Tierwelt und das Wachsen, Blühen und Sterben der Pflanzen. Shalev berichtet jedoch nicht nur ausschließlich über seinen Wildgarten, sondern streut noch Erzählungen aus Mythologie und Volkssagen, Bibelstellen und -verse und Anekdoten aus seinem Leben ein. Nicht selten ist er dabei witzig, und das auf eine sehr charmante Art. Shalev lässt uns teilhaben an seinen innersten Gedanken und Gefühlen zu seinen Wildpflanzen und den Gartenbewohnern. Er lehrt uns, wie man richtig sät und anpflanzt, wie man eine Pflanze am Leben erhalten kann, sollte sie plötzlich dahindarben, und er zeigt uns, wie man neben der Schönheit des Gartens zusätzlich eine kleine Freude für die Geschmacksknospen ernten kann. Im Buch sind wunderschöne Illustrationen gestreut, teils farbig, teils in Grau gehalten, die uns die Schönheit der beschriebenen Blumen und Pflanzen näher bringen sollen – was sie auch tun! Jede einzelne Illustration ist ein wahrer Augenschmaus.
Ich bin kein Naturforscher und auch keiner von denen, die Bäume umarmen und mit Sträuchern sprechen, aber selbst Laien wie ich merken, dass Pflanzen Empfindungen und Reaktionen zeigen können und komplexer und höher entwickelt sind, als wir komplexere und hochentwickelte Säuger es anderen Existenzformen zuzusprechen bereit sind.
In „Mein Wildgarten“ kann man einen wahren Schatz an tollen Erzählungen und Anekdoten entdecken. Shalev schafft es, seinen Wildgarten, Bibelpassagen, Kuriositäten und wundersame Fakten der Etymologie bestimmter hebräischer oder arabischer Wörter thematisch unter einen Hut zu packen, und versehen mit vielen wunderschönen Illustrationen kam dann dieses Perlchen heraus. Der Autor erzählt, wie er vor etlichen Jahren sein kleines Häuschen mit angrenzendem Garten gekauft und in diesem begonnen hat, Wildpflanzen hochzuziehen, dabei immerfort weiterzulernen über die Welt der Pflanzen und besonders, wie man auf die speziellen Bedürfnisse jedes einzelnen Baums und Strauchs eingeht. Shalev empfindet eine tiefe Zuneigung für seinen Wildgarten und alles, was in ihm wächst und wohnt, so schmerzt es ihn besonders, wenn eine geliebte Blume auf einmal nicht mehr wächst oder aber ein langjähriger Freund in Form eines Baumes plötzlich ausdörrt und nicht mehr zu retten ist. So pflegt Shalev intensive Beziehungen zu seinen Pflanzen und imitiert das ein oder andere Mal sogar Gespräche zwischen diesen.
Wenn die Seele überbordet oder sich umgekehrt verhärtet und verkrampft – ruft ihr laut und aus vollem Herzen: „Oh, oh, die Klemantis!“, und guckt, was geschieht.
Die Anekdoten und Erzählungen sind alle sehr entspannend zu lesen, man fällt beinahe schon in eine Trance und verliebt sich auch ein bisschen in Shalevs Wildgarten. Mal erzählt der Autor von Gärtnern aus der Umgebung, die ihn belehren wollen, mal von seinem ehemaligen Kater Kramer, oder auch von gefährlichen Schlangen, die sich in seinen Komposter verirrt haben. Ach ja, der Komposter. Shalev ist auch seinem Komposter sehr zugeneigt, verwertet dieser doch Essensreste und Abfälle zu wunderbarem Dünger, und Shalev schickt ein kleines Stoßgebet nach oben, möge man ihm doch „reichlich Mücken und Geschmeiß“ schicken, das diese Arbeit schnell und ordentlich erledigt und dem Komposter ein wenig zur Hand geht. Aber auch die Liebe zu seinen Meerzwiebeln ist eine innige, hat er sie doch von einem zu asphaltierenden Feld gerettet und sorgfältig eingepflanzt, aber nicht vorher jede einzelne Zwiebel zu fragen, wo sie denn hingepflanzt werden möchte. Ein „Nicht neben die da!“ wird genauso akzeptiert wie andere Wünsche, und so lebt Shalev im Einklang mit Meerzwiebeln und allen anderen Pflanzen in seinem Wildgarten.
Fazit: Mit diesem Buch könnt ihr euch eine Verschnaufpause gönnen. Entspannend, lehrreich, witzig und tolle Illustrationen für das Auge – Meir Shalev hat alles in seinem Werk vereint, was ein gutes Buch ausmacht. Wer gerne kürzere Anekdoten und Erzählungen liest, sich für Pflanzen, Sprachen und Volkssagen interessiert, wird mit „Mein Wildgarten“ gut bedient. Genießt ein tolles Büchlein, erfreut euch an der Mischung aus Wissenswertem aus verschiedenen Themenbereichen und kommt bei diversen Passagen ins Schmunzeln und wundert euch über kuriose Fakten aus der Sprachgeschichte des Hebräischen und Arabischen. Ein Buch für alle Sinne!
Titel: Mein Wildgarten Autor: Meir Shalev Diogenes Verlag Hardcover Leinen, 352 Seiten Erschienen: 22. März 2017 ISBN: 9783257069907
Dieses Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Diogenes Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!