Heute habe ich eine besondere Ausgabe von „Bücher unter dem Radar“ für euch. Es geht um zwei ganz frische Titel aus den Herbstprogrammen, und zwar aus dem Genre Comedy! Ja, ihr habt richtig gehört, ich habe mich einmal mehr aus der Komfortzone gewagt und möchte euch zwei spezielle Bücher mal genauer vorstellen.
Bob Odenkirk: „Jede Menge Mumpitz“
Worum geht’s?
In diesem Buch gibt Bob Odenkirk, wohl am bekanntesten als Anwalt Saul Goodman in den Serien „Breaking Bad“ und „Better Call Saul“, Kurzgeschichten und Gedichte zum Besten. Vom Plädoyer gegen das Bücherlesen auf der Toilette über eine möglicherweise stattgefundene Begegnung mit Gott bis hin zur schlechtesten Rede, die Martin Luther King Jr. jemals gehalten hat, werden Leser und Leserin kopfüber in einen Humor gestürzt, den es auf unserer Seite des Atlantiks noch viel zu selten gibt. Sinn hat das ganze nicht, das gibt der Autor selbst zu, und soll es auch nicht haben. Außer vielleicht, Dinge und Menschen auf die Schippe zu nehmen, bei denen es man sich eigentlich nie traut und… wildes Gelächter.
Wie hat es mir gefallen?
Im Stile des Kapitels „Hat mich nicht überzeugt“ aus Bobs Buch beginne ich mal mit den Worten: Ich bin ein RIESIGER Fan von Bob und seiner Arbeit, aber dass er ein Buch geschrieben hat, ging voll an mir vorbei! Im Ernst, ich liebe Bob Odenkirk und die Rollen, denen er Leben einhaucht. Nun ein Buch von ihm zu lesen, war wohl das Riskanteste, was ich dieses Jahr getan habe — Götzenverehrung und so. 😀 Der Klappentext lockt, das Cover ebenso, und hach, dieser grüne Seitenschnitt! Doch leider, leider konnte ich mich überhaupt gar nicht mit Bobs Humor identifizieren. Natürlich, an ein paar Stellen habe ich geschmunzelt, doch von den Abschnitten „Berühmte Zitate, ungekürzte Fassung“ (bei denen darum geht, bekannte Zitate humorvoll zu erweitern und zu zeigen, dass das eigentliche Zitat aus dem Kontext gerissen wurde), bei denen gefühlt jedes Zitat um ein „Ach, auch egal“ erweitert wurde, bis hin zu Theaterstücken über Hitler oder professioneller Tattoo-Motiv-Beratung war mir irgendwie viel zu wenig „hihi“. Das „wilde Gelächter“, das mir auf dem Klappentext versprochen wurde, habe ich schmerzlich vermisst. Eingestreut zwischen die Texte sind Cartoons, die irgendwie nichts mit dem Text zu tun haben, sowie ein merkwürdiger, mehrseitiger Comic.
Der mittlere Bauchmuskel auf der linken Seite […] heißt Terrence. Es ist ein Respekt gebietender Muskel. Er spannt sich jedes Mal, wenn ich einen Artikel über die Erderwärmung lese.
Jedoch muss ich sagen, dass die Sprache und der Schreibstil mir sehr gefallen haben und ich bei der Lektüre von „Jede Menge Mumpitz“ auch Bobs Stimme (bzw. die des Synchronsprechers) im Kopf hatte. (Vielleicht gibt es das Ganze ja demnächst als Hörbuch, gesprochen vom Autor?) Die 174 Seiten waren hin und wieder mit etwas persönlicheren Geschichten gespickt, die mir am meisten gefallen haben und die wohl auch teilweise im New Yorker als Kolumne erschienen sind. Diese etwas weniger albernen Kurzgeschichten waren vom Stil und auch vom Humor her irgendwie etwas komplett anderes, und davon würde ich sehr gerne mehr lesen! Highlights waren „Louvre-Audiotour für Hauseigentümer“, „Mein Waschbrettbauch“ und „Zukunftsvision“. In letzterer Kurzgeschichte gibt es auf der Welt nur noch glutenfreie Lebensmittel und die Menschen leben ein sorgenfreies Leben, da sie nicht mehr umständlich überall nach den Inhaltsstoffen fragen müssen.
„Jede Menge Mumpitz“ ist ein buntes Potpourri und auch, wenn es nicht meinem Humor entspricht, muss man festhalten, dass Bob Odenkirk nicht nur seichte Witzchen vom Stapel lässt, sondern politische Themen sowie Alltägliches mit einer Prise Humor aufarbeitet. Wer Bob mag und sich an ein humoristisches Buch herantrauen möchte, dem kann ich es empfehlen, aber mit diesem Buch habe ich wieder einmal festgestellt, dass Humor nicht universal funktioniert und jeder hier doch seinen eigenen Geschmack mitbringt.
Bob Odenkirk, „Jede Menge Mumpitz“. Kein & Aber Verlag. Taschenbuch mit grünem Seitenschnitt, 174 Seiten. ISBN: 9783036959863. Erschienen am 12.09.18. Zur Verlagsseite
Stefan Rensch: „Willow in Deutschland“
Worum geht’s?
In diesem mit Fotos gespickten Buch geht es um Willow, einem Außerirdischen, der auf die Erde gekommen ist, um uns zu beobachten — da wir kurz davor sind, intelligent zu werden. Damit er nicht auffällt, musste er seinen IQ ziemlich zurückschrauben und bringt auch nur das allernotwendigste Vorwissen mit, um uns „artgerecht erforschen zu können“. Meine Untersuchungen fangen also bei null an. Das erste Land, das ich besuche, heißt Deutschland. Dies sind meine Aufzeichnungen. Schockierend, ich weiß.
Wie hat es mir gefallen?
Ich muss zugeben, der Plot hat mich etwas an eines meiner Lieblingsbücher, „Ich und die Menschen“ von Matt Haig erinnert. Nach der Lektüre möchte ich diesen Vergleich allerdings zurückziehen und auf den deutschen Film „Harald, der Chaot aus dem Weltall“ verweisen. 😀 Denn Willow ist während seiner Forschungsarbeit in einer schwierigen Umgebung angesiedelt, zwischen einem arbeitslosen Metal-Freak, der stereotypen „Ökotussi“ und Möchtegern-Rappern Yakuza und Chicago. Tagebuchartig fasst Willow seine Erlebnisse zusammen, und was anfangs noch charmant wirkt („Schokolade entdeckt. Liebe!“), ist nach spätestens 30 Seiten ausgelutscht. Zu Beginn der Geschichte entdeckt Willow noch seinen Leih-Körper, erwartet nach einem Zusammenstoß mit einer Ampel schmerzerfüllt den Tod und bei Willows erstem Supermarktbesuch und dem Anblick von „Leichenteilen“, die dort herumliegen, musste ich doch ein wenig schmunzeln. Als Willow jedoch in einen Job bei der Stadtverwaltung hineinrutscht und nebenberuflich das Hip-Hop-Duo managed, verliert der Leser nach und nach dem Überblick, im späteren Verlauf der Erzählung werden die Ereignisse irgendwie unübersichtlich und generell gefällt mir die ganze trashige Aufmachung überhaupt nicht. Ich muss sagen, „Willow in Deutschland“ zählt leider zu meinen Flops des Jahres bisher.
Leichenteile. So weit das Auge reicht. Eine ganze Auslage voller Beine, Rippen, Hüften, sogar Innereien wie Lebern und Herzen werden feilgeboten. […] Für die Angehörigen muss es ein Schock sein, ihre Liebsten dort lagern zu sehen. Doch niemand scheint sich an diesem Exitus zu stören, ganz im Gegenteil: Freundlich aussehende Menschen legen die Leichteile in ihre Einkaufswagen. Ich habe keine Ahnung, was sie damit anstellen werden, zu Hause, in Ihren vier Wänden.
Stefan Rensch, „Willow in Deutschland“. Heyne Encore. Taschenbuch, 221 Seiten. ISBN: 9783453271838. Erschienen am 03.09.18. Zur Verlagsseite
Mein Fazit zu Comedy-Büchern
Zugegeben, nach zwei gelesenen Titeln ist es vielleicht schwer einzuschätzen, ob Comedy-Bücher mir gefallen oder nicht. Es ist aber nicht so, als hätte ich nur diese zwei Bücher des Genres gelesen und würde versuchen, mir basierend auf diesen zwei Titeln eine Meinung zu bilden. Bereits vor einigen Jahren las ich Ralf Schmitz‘ „Schmitz‘ Katze“ und einige andere ähnliche Titel. Obwohl mir hier der Humor etwas mehr zusagte, konnte ich mich immer nur kurz an diesen Büchern erfreuen, denn es ist schon irgendwie anstrengend, wenn ein Werk nur darauf ausgelegt ist, einen Gag nach dem anderen rauszuhauen. Wobei ich natürlich auch ganz klar sagen muss, dass die Qualität zwischen Odenkirk und Rensch größer nicht sein könnte: Während Bob Odenkirk auch feine Nuancen der aktuellen politischen Lage und der Medien-Skandale herausarbeitet, wird bei „Willow“ alles, was da ist, auf den Tisch geknallt, und das auf eine stilistisch nicht sehr schöne Art.
Mein Fazit aus der Lektüre dieser zwei Titel ist, dass ich trotz meines Vorhabens, mich aus meiner Komfortzone herauszuwagen, nach der Lektüre von „Jede Menge Mumpitz“ sowie „Willow in Deutschland“ weiß, dass Humor etwas sehr persönliches ist und es schwer sein wird, ein Buch zu finden, das diesen bedient.
Wie seht ihr das? Lest ihr gerne Comedy oder ist das nicht euer Genre?
Hey!
Ich weiß gar nicht, ob ich mal ein Buch gelesen habe, was man wirklich zu diesem Genre zählen kann.
Die Bücher von Sophie Kinsella sind auch ultra witzig, aber das sind ja eher so Liebesromane irgendwie.
Ich glaube nicht, dass das Humor Genre generell etwas für mich ist, wie du schon sagst ist es vermutlich schwer, da den Geschmack zu treffen. Vermutlich fände ich es auch anstrengend, dass ein Buch unbedingt witzig sein will.
Danke für diesen ehrlichen Beitrag.
Liebe Grüße,
Nicci