Ein junges Mädchen mit Angststörung, Portale, die den Weltuntergang prophezeien und durcheinandergewürfelte Science-Fiction-Begriffe — Willkommen bei »Consider«!
Als sich Portale am Himmel öffnen und Hologramme das nahende Ende der Welt durch einen herabstürzenden Kometen verkünden, ändert sich Alex‘ Leben schlagartig. Die Hologramme sagen, dass der einzige Weg zum Überleben durch die Portale und damit gleichzeitig in die Zukunft führt – doch es gibt keine Garantie dafür, dass das die Wahrheit ist. Die Gesellschaft spaltet sich in zwei Lager: Die, die die Erde verlassen, und die, die bleiben wollen. Auch Alex‘ Eltern gehören zu den Zweiflern. Die Prophezeiung der Hologramme rückt näher und näher. Nachdem Alex‘ beste Freundin und auch ihr Freund bereits durch die Portale geflohen sind, hat Alex nicht mehr viel Zeit, um sich zu entscheiden: Familie oder Freunde, Wahrheit oder Lüge, Leben oder Tod? (zur Verlagsseite)
Kristy Acevedo muss mal ein Physikbuch lesen. JETZT. — So kann man meine Gedanken während der Lektüre von Acevedos „Consider. Das Portal“ gut zusammenfassen. Warum das so war? Nun, anscheinend fand die Autorin es ganz toll, lustige Begriffe aus der Wissenschaft durcheinander zu werfen und somit alle Leser zu verwirren. Doch erst mal zum Anfang: Es geht um Alex, die an einer Angststörung leidet. Wann immer sie in eine Stresssituation gerät oder sich in einem geschlossenen Raum mit vielen Menschen befindet, bekommt sie Panikattacken und fühlt sich einem Herzinfarkt nahe. Alex hat einen ziemlich perfekten Freund (natürlich): Dominick ist zuvorkommend, verständnisvoll und gibt gern sein Recht auf eigene Entscheidungen an Alex‘ Haustür ab. Alex‘ beste Freundin Rita ist ein kleiner Rebell, ihre Eltern gehören einer religiösen Gruppe an und nötigen die atheistische Rita zu allerlei kirchlichen Riten. So viel zur Grundlage der Story. 😉 Das Leben unserer Charaktere könnte friedlicher nicht sein (bis auf Ritas natürlich), bis eines Tages überall auf der Welt seltsame Portale erscheinen. Diese werden von Hologrammen begleitet, die das Ende der Welt ankündigen. In einigen Monaten wird ein riesiger Komet auf die Erde stürzen und die Menschheit auslöschen. Doch anstatt in Panik auszubrechen, wird erst einmal genau untersucht, ob es überhaupt einen Kometen gibt. Als sich das nämlich als negativ herausstellt, entspannt sich die Bevölkerung der Erde derweil fast wieder ein bisschen, und auch Alex hat dringendere Probleme als den bevorstehenden, vielleicht überhaupt nicht geschehenden Weltuntergang: nämlich, auf welche Uni sie und Dominick gehen werden. Prioritäten muss man setzen! Währenddessen forschen die Wissenschaftler weiter und viele Menschen versammeln sich um die Portale, um den Hologrammen Fragen zu stellen, über ihre Welt, über ihre Technik, und ob der Komet wirklich kommen wird. Auf der anderen Seite soll das Leben besser sein, durch die fortgeschrittene Technik im Jahre 2359 werden Menschen bis zu 250 Jahren alt, die vorherrschende Ordnung ist eine Meritokratie (die Regierung wird anhand ihrer Qualifikation ausgewählt) und ohnehin scheint alles besser zu sein als auf der guten alten Erde.
Ab wann weiß man, dass ein Geschehnis tragisch endet? Erst am Schluss?
Während der Lektüre kommt nicht nur mir immer wieder der Gedanke: Was ist da drüben denn genau? Da das Portal nur einseitig funktioniert, können die Menschen, die einmal hindurch gegangen sind, nicht so einfach wieder zurück. Trotzdem sorgt das Element des Portals für mich immer wieder für Verwirrung, besonders wenn Phrasen kommen wie „Zeitreisen in ein Paralleluniversum“ oder Fragen wie „Glaubst du, auf dem anderen Planeten kann man auch angeln?“ — Moment, ich dachte es geht hier um ein Wurmloch in eine Parallelwelt der Erde, die nicht von einem Kometen getroffen wird? Aber nein, offenbar reist man mit einem dieser Portale nicht nur in ein Paralleluniversum, sondern auch durch die Zeit und außerdem auch noch auf einen anderen Planeten. Um sicherzugehen, dass es nicht an der Übersetzung liegt, habe ich im englischen Text mal nachgeschaut, wie die Formulierungen da sind: Time travel to the other parallel planet, parallel future, parallel universe time travel. Daran liegt es also nicht. Die Tatsache, dass Parallelwelten, interstellare Reisen und Zeitreisen in einen Topf geworfen werden, macht den Eindruck, dass die Autorin sich vielleicht nur oberflächlich mit dem Thema befasst hat, was mir als erwachsenem Leser natürlich überhaupt nicht gefällt. Und was ist bitte eine Parallelzukunft? 😀
So sehr mich die Wissenschaft in Acevedos Buch auch gestört hat, konnte mich der Schreibstil überzeugen. Trotz oben genannter Irrungen und Wirrungen hat die Geschichte aus der Ich-Perspektive einen angenehmen Flow, man fliegt förmlich durch die Seiten. Auch, wenn mich das Verhalten der Protagonistin gelegentlich gestört hat, finde ich die zugrundeliegende Idee doch einzigartig. Allein der Gedanke, dass ich mich entscheiden müsste zwischen der Heimat, der wunderbaren Erde, und einer unbekannten anderen Welt, von der mir niemand sicher sagen kann, dass sie existiert, ist reichlich unangenehm.
Fazit: Trotz einiger mittlerer Katastrophen, was das Wissenschafts-Know-how Acevedos betrifft, kann ich „Consider. Das Portal“ guten Gewissens an alle weiterempfehlen, die eine spannende, kurzweilige Lektüre für zwischendurch suchen. Die Geschichte nimmt zudem noch um einiges an Fahrt auf, als entdeckt wird, dass der Komet doch kommt und die Wissenschaftler der Erde möglichst schnell einen Plan zusammenstellen müssen. Ob dieser 3-Phasen-Plan im Endeffekt hilft und ob Alex sich und ihre Familie, inklusive dem hyperskeptischen Vater, noch rechtzeitig retten kann? Und wie sieht die andere Welt wirklich aus? Gibt es dort wirklich eine Gedankenrekonditionierung für Kriminelle? So viel sei verraten: Ich brauche jetzt sofort Band 2 und kann es kaum erwarten, loszulesen!
Dieses Rezensionsexemplar wurde mir freundlicherweise vom Arena Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Kristy Acevedo, Consider. Das Portal. Arena Verlag Gebundenes Buch, 352 Seiten ISBN: 9783401604275 Erschienen: 02.03.18