Heute stelle ich euch ein Buch vor, das mir überhaupt nicht zugesagt hat. Nach der Rezension von Karin hätte ich es eigentlich besser wissen müssen, doch leider spornen mich negative Rezensionen sehr oft zum „trotzdem Lesen“ an. In folgender Kurzrezension tummeln sich auch einige Spoiler, bzw. handelt es sich um die Frage, die das Buch überhaupt anfeuert: Kann man Tiere, die man selbst groß gezogen und lieb gewonnen hat, eigenhändig schlachten, beziehungsweise kann die Autorin es?
Worum geht’s?
Lieben Sie Tiere? Essen Sie gerne Fleisch? Dann lesen Sie dieses Buch!
Als Jacqueline mit ihrem Mann in den Südwesten Frankreichs zieht, möchte sie dem idealen Leben auf dem Land so nahe wie möglich kommen und kauft zwei Ferkel, die sie ein Jahr lang aufziehen und danach schlachten will. Aber je mehr sich die beiden Tiere in ihr Herz grunzen, desto stärker zweifelt Jacqueline an ihrem Vorhaben. Kann sie sich tatsächlich von ihren Schweinen trennen – und sie sogar selbst töten? Dieses wunderbare Memoir erzählt von einer außergewöhnlichen Entscheidung und eröffnet zugleich einen gefühlvollen Blick auf die Debatte, ob man Fleisch essen soll und ob man Tiere, die man isst, überhaupt lieben darf.
Wie hat es mir gefallen?
Kurz gesagt: Leider überhaupt nicht. Ich hatte mich zwar auf ein erzählendes Sachbuch eingestellt, aber dass dieses Buch sich so dermaßen in die Länge zieht, hätte ich nicht gedacht. Der Grundgedanke, ob man Tiere schlachten kann, die man liebt, ist spannend, und ich bin der festen Überzeugung, dass ich es nicht könnte, doch Jaqueline Yallop und ihr Mann sind da anscheinend härter im Nehmen. Während zu Beginn des Buchs noch gestaunt wird, was für schöne Tiere Schweine doch sind und historische Gegebenheiten mit Forschung und Charakterstudien zusammentreffen, hätte ich mir doch mehr erhofft. Die „harten Fakten“ über Schweine füllen derweil auch den Großteil des Buches und der Leser bekommt stets vor Augen geführt, wie intelligent und treuherzig Schweine doch sind, um dann gegen Ende entsetzt und enttäuscht zu sein über die Wahl, die Yallop und ihr Mann treffen. Kurz vor der Schlachtung tanzt das zu tötende Schwein noch im Heu und freut sich seines Lebens, und man hofft auf einen humanen Moment der Einsicht, doch die Autorin zeigt kaum eine Regung und bleibt hart. Zur Veranschaulichung werden dann noch Fotos von einer strahlenden Yallop mit einer Würstchenkette in der Hand gezeigt. Den Schlachtungs- und Zerlegungsvorgang bekommt der Leser auch in seiner Ganzheit erläutert, Leser mit schwachem Magen sollten hier vielleicht einige Seiten überblättern.
Wir waren gründlich und pragmatisch. Es wirkt alles überschaubar. Gefühle spielen dabei scheinbar überhaupt keine Rolle. Wie schwer kann es denn schon sein, ein Schwein zu töten?
Kurz und knapp: Das Genre „erzählendes Sachbuch“ ist mir nicht fremd, fremd war jedoch diese komplette Abwesenheit von Einfühlvermögen. Jaqueline Yallop baut zwar ein Verhältnis zu ihren Schweinen auf und bemerkt auch ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten, dennoch führt auch ihre ausgiebige Recherche über Schweine, ihre Intelligenz und ihre Zutraulichkeit nicht dazu, dass sie sich von ihren Gefühlen mitreißen lässt. Zudem werden die Schweine zu vielen Gelegenheiten nur als „Schlachtkörper“ gesehen, was im starken Kontrast zu ausführlichen Beschreibung zu der Schönheit der Tiere und der Ähnlichkeit zum Menschen steht. „Big Pig, Little Pig“ (im Übrigen die Namen der Schweine) kann ich leider überhaupt nicht weiterempfehlen, da es mir zu kaltblütig, zu „unmenschlich“ war.
Jaqueline Yallop, Big Pig, Little Pig. Blanvalet Verlag. Taschenbuch, 350 Seiten, ISBN: 978-3-7645-0649-0. Erschienen: 19.03.18. Zur Verlagsseite