Lyrisch, atmosphärisch und mit einem unerwarteten Sog – ein echtes Highlight inmitten der Taschenbuch-Novitäten.
John Smythe ist mit seinen Kindern Cathy und Daniel aufs Land gezogen, nach Yorkshire, in die Wälder von Elmet. Sie wohnen in einem Häuschen, das sie eigenhändig erbaut haben, mitten in der Natur. Nur manchmal muss der Vater fort zu illegalen Faustkämpfen. In diesen Zeiten, in denen es immer weniger Arbeit gibt im Norden Englands, der einzige Weg, um die Familie über Wasser zu halten. Doch dann steht eines Tages ein Mann vor der Tür, der behauptet, dass alles ihm gehört – der Wald, der Grund und Boden, das Häuschen, in dem sie leben. Und er pocht auf sein Recht.
Wie ihr wisst, lese ich sehr gerne „harten Tobak“, also Bücher über zerrüttete Familien und Kinder, die innerhalb dieser aufwachsen. Da schien Fiona Mozleys „Elmet“ doch perfekt reinzupassen. Allein das Cover mutet schon atmosphärisch und düster an, der Klappentext verkaufte mir das Buch dann aber richtig. Es geht um zwei Geschwister (Daniel und Cathy), die mit ihrem Vater mitten in den Wald gezogen sind und dort als Selbstversorger leben. Schulbildung steht da natürlich hinten an, die beiden Jugendlichen lernen im und ums Haus das, was sie auch später in Leben brauchen: Wie man eine ausgewogene Mahlzeit kocht, wie man sich in Form hält und wie man sich im Zweifel selbst verteidigen kann. Ihr Vater schiebt fragwürdige Deals, die sich besonders auf Prügeleien zu fokussieren scheinen, oder vielmehr Boxkämpfe – natürlich illegal. Mit dem Geld, was er durch die Kämpfe verdient, kauft er Notwendigkeiten für das Haus und die Kinder, bspw. Fleisch als besondere Delikatesse. Doch als schließlich der vermeintliche Besitzer des Grundstücks, auf dem das Haus der kleinen Familie steht, sich meldet, bricht die Idylle der drei zusammen und jeder tut, was er kann, um das kleine Fleckchen im Wald zu sichern. Zudem trägt Cathy ein Geheimnis in sich, das das friedliche Leben der Familie noch weiter über den Haufen werfen wird.
Manchmal [ist] es, als würde sie mit beiden Füßen auf dem Boden stehen und zugleich Hals über Kopf in ein prasselndes Feuer rennen.
Wow, dieses Buch entwickelte einen regelrechten Sog! Kaum zu glauben, dass es sich hierbei um das Romandebüt der Autorin handelt, denn die Sprache ist so roh, so bildgewaltig, dass ich von Seite eins an völlig begeistert war und nur schwer von der Lektüre lassen konnte. Die Geschichte der kleinen Familie ist tragisch, so weit abgeschieden von der „richtigen Welt“, die Kinder gehen nicht in die Schule, sondern wachsen bei ihrem verrohten Vater auf, der sich regelmäßig bis aufs Blut prügelt. Dass sich im tiefsten Innern dieser Familienstruktur etwas im Argen befindet, wird spätestens nach den ersten paar Kapiteln klar. Doch ist es nicht der Zusammenhalt der Drei, sondern vielmehr die Beziehung zur toten Mutter und deren Vorgeschichte, die regelmäßige Fragen der Geschwister aufruft.
Fazit: Wunderbares Pacing, ausgefleischte Charaktere und ein Setting, dem ich mittlerweile öfter begegne, das ich aber noch keinesfalls satt habe – kombiniert mit Fiona Mozleys lyrischem Erzählstil ist „Elmet“ eines meiner literarischen Highlights der letzten Zeit.
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom btb Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Fiona Mozley / Elmet / btb Verlag / Taschenbuch, 320 Seiten / ISBN: 978-3-442-77043-4 / Erschienen am 09.11.20 / zur Verlagsseite
Hey liebe Tina
Das Buch wurde mir schon von Freundinnen empfohlen und ich habe viele begeisterte Rezensionen entdeckt und es kurz nach dem Erscheinen auch schon auf die Wunschliste gesetzt. Aber wie das bei mir immer so ist, habe ich es mir immer noch nicht gekauft…
Bald, bald, bald, zuerst muss ich Platz schaffen und den SuB verkleinern 😉
Alles Liebe
Livia