Eine turbulente Familiengeschichte, die dem Golem der Mythen und Sagen wortwörtlich neues Leben einhaucht.
In der Nähe von Oslo in einem kleinen Ort namens Råset führt Tormod Blystad mit seiner Frau und seinen zwei Kindern ein beschauliches Leben. Nach einer wilden Jugend ist aus Tormod ein verlässlicher Vater und Ehemann geworden. Aber in jeder Familie gibt es eine Lücke, die gefüllt werden muss. So kommt die kleine Hündin Snusken auf den Hof. Die Kinder lieben das Tier sehr, doch eines Tages verschwindet Snusken spurlos. Um seine Kinder zu trösten, mischt Tormod in seiner Werkstatt aus verschiedenen Zutaten ein Ersatzwesen aus Lehm – und fordert damit Kräfte heraus, deren Reichweite er nicht einmal erahnen kann.
Nachdem ich 2018 Faldbakkens Roman „The Hills“ gelesen habe, der mir zwar von der Erzählweise sehr gefiel, aber mir die Story nicht zusagte, habe ich immer mal wieder Ausschau gehalten nach potenziellen neuen Büchern von ihm. Und nun war es endlich soweit, „Wir sind fünf“ ist erschienen und hat mich direkt mit seinem Klappentext überzeugen können. Es klingt nach einer verrückten Geschichte, aber auch nach einer möglicherweise kaputten Familie, und eine Prise Whodunit ist auch drin. Nachdem nun also dieses schwarze Buch mit seiner schlichten Optik bei mir eintrudelte, habe ich sofort neugierig angefangen zu lesen. Und weitergelesen. Ich konnte das Buch wirklich erst aus der Hand legen, als es beendet war, habe es also in einem Rutsch durchgelesen. Das passiert mir nicht oft! Und spricht demnach für ein äußerst gelungenes Buch. Es geht also um Tormods Familie, die nach außen glücklich und zufrieden scheint, doch hinter geschlossenen Türen bröckelt die Fassade. Nachdem seine Frau Siv ihm ein drittes Kind verwehrt (wie gemein von ihr!), soll ein Hund die Wogen wieder glätten. Doch Siv kann sich nicht recht mit der Hündin arrangieren. Als diese dann plötzlich verschwindet, ist für uns Leser eigentlich sofort klar, dass Siv damit etwas zu tun haben muss. Doch Tormod kann ihr nichts beweisen. Und so werkelt er eigenbrötlerisch tagein, tagaus in seinem Werkzeigschuppen und experimentiert mit einem „dynamischen Ton“, der nicht nur ihn, sondern auch seine Familie komplett fasziniert…
Die Lage war katastrophal. Nun gaben ihm die Amphetamine die Kraft, diese Katastrophe aufrecht und mit Zuversicht und Energie durchzustehen. Das ist der Zauber des Rausches.
Schon auf den ersten Seiten konnte Matias Faldbakken mich an das Buch fesseln, denn wir erfahren von Tormods Jugend bis zum jungen Erwachsenenalter, wie er Siv kennenlernt und nebenbei durch einen schlechten Umgang immer tiefer in einen Kreis aus Alkohol und Drogen rutscht. Bis Siv ihn eines Tages mitnimmt in eine einsame Hütte, und ihm einen kalten Entzug aufbrummt. Von diesem Moment an ist Tormod ihr mit Leib und Seele verschrieben und rührt seitdem nichts dergleichen mehr an. Bis sein ehemaliger Kumpel Elstad wieder in sein Leben tritt – und ihm den Spezialton seines Unternehmens zeigt. Und ab da eskaliert nicht nur Tormod, sondern auch die gesamte Geschichte. Im Gegensatz zu Faldbakkens letztem Roman plätschert die Handlung nicht nur so vor sich hin, sie nimmt gewaltig an Fahrt auf und ich konnte gar nicht schnell genug lesen. Die Story um Tormod und seine Ton-Lehm-Mischung zieht einen einfach unglaublich in den Bann und zu keinem Zeitpunkt kann man auch nur erahnen, in welche Richtung das Ganze noch gehen wird. Dazu kommt der unfassbar tolle Erzählstil, den ich bereits bei „The Hills“ sehr bewundert habe, und fertig ist ein Roman der Extraklasse, der zu den besten gehört, die ich dieses Jahr gelesen habe.
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Heyne Hardcore Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Matias Faldbakken / Wir sind fünf / Heyne Hardcore / Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 256 Seiten / ISBN: 978-3-453-27299-6 / Erschienen am 31.08.20 / zur Verlagsseite
Huhu, danke für die schöne Rezi! Irgendwie gefällt mir das Aussehen von dem Buch. DIe Geschichte hört sich auch spannend an. Ich finde Bücher, die in den skandinavischen Ländern spielen immer toll 🙂 Wurde da bisher nur selten enttäuscht.
Lg Pia