Tolle Idee, leider gefühllose Ausarbeitung.
Titel: In jedem Augenblick unseres Lebens
Autor: Tom Malmquist
Verlag: Klett-Cotta
Klappentext: Tom und Karin erwarten ihr erstes Kind, als Karin plötzlich schwer erkrankt und ins Krankenhaus eingeliefert werden muss. Das Baby wird per Kaiserschnitt gerettet, während Tom wie in einem Albtraum in den unterirdischen Gängen des Krankenhauses umherirrt. Zwischen Intensivstation und Säuglingsstation, zwischen Leben und Tod. Als er nach Hause zurückkehrt, hat er Karin verloren und ist allein mit einem Neugeborenen. Um sich seiner Trauer zu stellen und seiner Tochter ein Vater zu sein, beginnt er ein Buch zu schreiben. (zur Verlagsseite)
Sie sagen, das Glas ist halb voll, nicht halb leer. […] Nur ein Glas, das man füllt, kann halb voll sein, wenn die Flüssigkeit im Verschwinden begriffen ist, ist es halb leer […].
Sterben ist eine schlimme Sache. Jedoch kann Tom Malmquist in seinem Roman „In jedem Augenblick unseres Lebens“, der meines Wissens auf realen Gegenbenheiten basiert, leider überhaupt nicht überzeugen. In einer kalten und fast gefühllosen Weise erzählt er die Geschichte, wie seine hochschwangere Frau Karin plötzlich schwer krank wird und das Krankenhaus nicht mehr verlassen kann. Wie sie bewusstlos im Krankenbett liegt und er sich Sorgen um sie und um ihr gemeinsames Kind macht. Wie Karin schließlich stirbt und er mit seiner Tochter klar kommen muss. Wie die Überforderung ihn fast um den Verstand bringt, oder vielleicht doch nicht? Bei diesem Buch bin ich mir bei nichts sicher, denn obwohl Malmquist alles sehr detailliert beschreibt, bekommt man keinen sehr guten Einblick in seine Gefühlswelt. Obwohl die Situation sehr schwierig ist, sein Vater ist auch krank, er muss sich alleine um seine neugeborene Tochter kümmern, mit seiner und der Trauer seiner und Karins Eltern umgehen und sich dann auch noch mit behördlichen Forderungen rumschlagen, die die kleine Livia betreffen.
In abwechselnden Abschnitten erzählt Malmquist von der unangenehmen Gegenwart und davon, wie er Karin kennen und lieben gelernt hat. Die Erzählstruktur ist klasse, man erfährt so nach und nach immer mehr über die Person, die man anfangs als völlig neutraler Beobachter im Krankenbett wahrnimmt. Leider hatte ich auch hier meine Probleme. Karin kommt als eine sehr eigenartige Person rüber, die sich meiner Meinung nach nicht besonders gut mit Tom versteht, die beiden scheinen von Anfang an ihre Schwierigkeiten zu haben. Die Gespräche der beiden zehren an den Nerven und ich habe das gesamte Buch über nicht den Eindruck, als wäre das die Geschichte eines Paares. Karin erscheint mir als kalte und unsympathische Person, weshalb es mir richtig schwer gefallen ist, mitzufühlen.
Fazit: Die Geschichte um Karin und Tom hätte trauriger nicht sein können und die Idee, nach und nach Erinnerungen und Momente einfließen zu lassen, ist klasse, allerdings konnte mich Malmquist mit seiner Sprache überhaupt nicht überzeugen. Die gesamte Geschichte wirkt, als würde sie an ihm vorbeiziehen, ohne Spuren zu hinterlassen. Lediglich auf den letzten Seiten, wo er den Text direkt an Karin richtet und eine Momentaufnahme seiner aktuellen Situation abliefert, konnte mich Malmquist überzeugen und lässt den Rest des Buches daneben ziemlich schwach dastehen.
Danke an Flo (@literarischernerd) für das Leseexemplar! <3
Tom Malmquist, "In jedem Augenblick unseres Lebens", Klett-Cotta Verlag. ISBN: 9783608983128, Zitat: S. 52.