Seichtes Sci-Fi Geplätscher mit interessanten Ansätzen, die nicht weiter verfolgt werden.
Klara ist eine künstliche Intelligenz, entwickelt, um Jugendlichen eine Gefährtin zu sein auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Vom Schaufenster eines Spielzeuggeschäfts aus beobachtet sie genau, was draußen vor sich geht, studiert das Verhalten der Kundinnen und Kunden und hofft, bald von einem jungen Menschen als neue Freundin ausgewählt zu werden. Als sich ihr Wunsch endlich erfüllt und ein Mädchen sie mit nach Hause nimmt, muss sie jedoch bald feststellen, dass sie auf die Versprechen von Menschen nicht allzu viel geben sollte.
Nachdem dieser Titel quer durch die englischsprachige Presse besprochen und hoch gelobt wurde, bin ich mit entsprechenden Erwartungen an das Buch gegangen. Gelesen hatte ich noch nichts vom Autor, weshalb ich mich auch erst mal ein wenig in den Schreibstil und die Erzählsprache einfinden musste. Thematisch geht es um Androiden, hier KF (Künstliche Freunde) genannt – bzw. eine ganz spezielle KF, nämlich die titelgebende Klara. Im Gegensatz zu den anderen Androiden im Schaufenster scheint sie ein reiches Innenleben zu haben und viel vor sich hin zu grübeln. Als sie eines Tages von einem jungen Mädchen „auserwählt“ wird, habe ich damit gerechnet, dass hier der spannende Teil der Story startet und wir das Wachsen einer besonderen Beziehung beobachten dürfen, doch leider war dem nicht so. Josie (das Mädchen) bleibt das gesamte Buch über sehr blass, ihre Beziehung zu Klara ist meiner Meinung nach eher distanziert. Da Josie häufig krank ist, beschäftigt Klara sich damit, in der Zwischenzeit das Haus zu erkunden und mit der Haushälterin und der Mutter zu sprechen. Wirklich viel passiert nicht. Normalerweise stört mich das nicht, „Klara und die Sonne“ ist etappenweise allerdings grenzwertig langweilig, sodass ich die ganze Zeit auf einen tollen Twist gewartet habe, der mich das Buch doch noch mögen lässt – dieser blieb aber aus (sorry für den Spoiler). Einziger spannender Story-Zweig war die Geschichte rund um das Portrait, das von Josie angefertigt werden soll, und für das sie nicht Modell stehen muss – der Künstler fotografiert einfach jede Facette von Josie, damit sie nicht so lange starr sitzen muss, was sie gesundheitlich nicht schafft. Alles, was sich hieraus ergibt, fand ich sehr interessant. Interessant ist natürlich auch Klaras Beziehung zur Sonne, die – da die Androiden sich über Sonnenlicht aufladen – eine ganz besondere ist. Klara vergöttert die Sonne und schreibt ihr heilende Fähigkeiten zu und verbringt viel Zeit damit, über die Sonne zu philosophieren. Und an diesen Stellen kommt Kazuo Ishiguros toller Schreibstil besonders zum Vorschein; denn wenn er durch Klara beschreibt, wie sich einzelne Staubpartikel im Sonnenlicht bewegen und die Schatten einen Raum scharf in zwei Teile zerlegen, muss man doch ein wenig staunen. Jedenfalls so lange, bis die zähe Story weiter geht.
Ihr merkt schon, ich bin nicht so angetan. Ich hatte viel mehr Fokus auf die Androiden und deren Technik erwartet und eine Story, die die Beziehung zwischen Mensch und Maschine thematisiert – und das nicht unbedingt an einem leider unzufriedenstellenden Beispiel, das Klara und Josie abgeben. Ich wollte Emotionen sehen, die Abhängigkeit Josies von ihrer Künstlichen Freundin und eine KF, die sich verausgabt, um alles für ihre Menschenfreundin zu tun. Schade!
Kazuo Ishiguro / Klara und die Sonne / Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 352 Seiten / ISBN: 978-3-89667-693-1 / Erschienen am 15.03.21 / zur Verlagsseite