In der letzten Zeit höre ich vermehrt Hörbücher – sowohl unabhängig vom gedruckten Buch als auch als „Companion“ zu meiner Printausgabe. Und da ich kürzlich erst zwei gute Exemplare genossen habe, wollte ich euch diese natürlich nicht vorenthalten.
Emma Gannon, Olive
Independent. Adrift. Anxious. Loyal. Kind. Knows her own mind. OLIVE is many things, and it’s ok that she’s still figuring it all out, navigating her world without a compass. But life comes with expectations, there are choices to be made, boxes to tick and – sometimes – stereotypes to fulfil. And when her best friends’ lives start to branch away towards marriage and motherhood, leaving the path they’ve always followed together, Olive starts to question her choices – because life according to Olive looks a little bit different.
Dieses Buch habe ich bei NetGalley gesehen und konnte es direkt als Hörbuch starten – nachdem Katja auf Instagram so sehr davon geschwärmt hatte, war ich schon ein bisschen heiß drauf, aber wollte eigentlich erst mal reinschnuppern. Denn Geschichten über Single-Frauen und ihre Freundinnen mit Kind und Kegel lese ich eigentlich eher ungern. Doch „Olive“ schlägt genau in die richtige Kerbe, denn exakt dieses „Und, wann bist du dran?“ wird hier in Frage gestellt. Und da bin ich dann doch dabei. Die titelgebende Protagonistin ist kinderlos (bzw. vielmehr kinderfrei, eine Bezeichnung, die im Buch eingeführt wird) und kürzlich single – da ihr Partner Kinder wollte, sie aber nicht. Olives Freundinnen können und wollen seit geraumer Zeit über nichts anderes mehr sprechen als Babys, Hochzeiten und Familie, und so ist Olive weitestgehend auf sich allein gestellt bei der Suche nach sich selbst und den Dingen, die ihr Freude bereiten. Sie will sich nicht länger rechtfertigen dafür, dass sie über 30, kinderlos und single ist, und auch ihre Karriere nicht als Grund dafür nennen. Sie will sich selbst genug sein – und das auch lautstark der Gesellschaft zu verkünden, die noch in den 50er Jahren hängen geblieben zu sein scheint. In ihrem Kopf findet ein großer Umbruch statt, und das ist charmant, witzig und stellenweise tieftraurig zu lesen. Auch, wenn mich das Ende enttäuscht hat, kann ich dieses (Hör-)Buch weiterempfehlen – ich habe einiges daraus mitgenommen und freue mich auf weitere Bücher der Autorin.
Megan Hunter, The Harpy
Als Lucy erfährt, dass ihr Ehemann Jake sie betrügt, soll eine verhängnisvolle Abmachung die Ehe retten: Drei Mal darf Lucy Jake bestrafen. Wann und auf welche Weise, entscheidet sie. Ein gefährliches Spiel zwischen Rache und Vergebung entbrennt – und schließlich erwacht eine Seite in Lucy, die schon immer tief in ihr geschlummert hat. Bildreich und sprachmächtig erzählt Megan Hunter ein atemberaubendes, dunkles Märchen über eine Verwandlung, aus der es kein Zurück mehr gibt.
Auch „Die Harpyie“ habe ich zuerst auf Instagram gesehen, wo mich der Marketing-Anschlag erst ein wenig abgeschreckt, aber dann doch neugierig gemacht hat. Auch hier habe ich zum Hörbuch gegriffen (im Rahmen eines Probemonats) – und ich muss sagen, es hat sehr gut funktioniert. Die Geschichte ist einfallsreich und frisch, und ich habe richtig gehässig mitgefiebert, wie Lucy sich Gedanken gemacht hat, wie sie ihren Partner verletzen will. Relativ schnell kam aber die Einsicht, dass es langfristig keine Beziehung kitten kann, psychischen Schaden durch physischen auszugleichen – dennoch habe ich die Story mit Spannung verfolgt. Zwischen den Kapiteln sind Snippets aus Lucys Dissertation zum Thema Harpyien eingestreut, die das Verhalten und die Motivation dieser Wesen erläutern. Und so kann man schnell Parallelen zu Lucy erkennen. Und auch wenn mir der Gedanke, jemanden „oberflächlich“ zu verletzen für einen Vertrauensbruch, der sich unter Umständen gar nicht mehr beheben lässt, ein wenig aufgestoßen ist, haben mir Erzählstil und Spannungsbogen unglaublich gut gefallen. Es ist spannend zu verfolgen, wie Lucy immer weiter in den Wahn abdriftet und sich selbst völlig aus den Augen verliert. Eine klare Lese- oder Hör-Empfehlung!