Eine Liebeserklärung an das Kino mit einer herzzerreißenden Story und atemberaubenden Bildern.
Ein junges Mädchen, das im Kino nach ihrer Mutter sucht. Eine junge Büroangestellte, die nach einem Kinobesuch Freud und Leid in der Liebe erfährt und aus dem Kino Trost für ihr Leben schöpft. Eine Mutter, die ihre junge Tochter ins Kino mitnimmt, um dort ihre Jugendjahre wiederzufinden. Diese Erzählstränge werden zu einer berührenden Lebensgeschichte verwoben, in der das Leben sich im Kino spiegelt und in der Reisen durch die Zeit und in die Erinnerung unternommen werden.
Seit ich Jimmy Liao im Sommer in Frankfurt bei einer Vorstellung seiner Bücher gesehen habe, fasziniert mich seine Lebensgeschichte und ich bin super vorfreudig, nach und nach alle seiner (zumindest im Deutschen oder Englischen erschienenen) Werke nachzuholen. Nachdem ich „Der Klang der Farben“, „Die Ballade von der großen Liebe“ (beide großartig) sowie „So oder so ist das Leben“ (weniger gut) gelesen hatte, war nun dieses Schmuckstück dran. In „Das Kino des Lebens“ geht um ein kleines Mädchen, dessen Mutter die Familie aus unerfindlichen Gründen verlassen hat. Sie liebte das Kino, und so führt der Vater seine Tochter immer dorthin aus, sollte sie mal besonders traurig sein. Im Kino angekommen, nimmt das Mädchen jedes Mal einen tiefen Atemzug, bevor die beiden sich setzen – schließlich könnte sich ja ihre Mutter im Saal verstecken und sich mit ihrem Duft verraten. Doch nie ist sie da. Und so bleibt ihr und ihrem Vater nur, sich in die Filme zu stürzen – und das tun sie: es wird gelacht und geweint, an den Fingernägeln geknabbert und geseufzt. Immer mehr verliebt sich das Mädchen in das Kino. Und so ist es nur natürlich, dass sie auch den Mann ihres Lebens im Kino kennenlernt. Und so spinnt sich die Geschichte weiter, immer emotional aufgeladen, immer mit großartigen Bildern.
Ich werde nie vergessen, mit welchem Staunen ich meinen ersten Film sah. Die Welt des Kinos hatte etwas Magisches. Manchmal ging ich ins Kino, weil ich meine Mutter vermisste. Und manchmal vermisste ich sie hinterher nur noch mehr.
Während der Leser die Geschichte des Mädchens verfolgt, wie sie älter wird, sich verliebt, es fast sogar schafft, ihre Trauer abzulegen, gibt es immer eine Konstante: das Kino. Wir begleiten sie zu Horrorfilmen, Science-Fiction-Streifen und alten Schmonzetten und hoffen, dass eines Tages doch noch ihre Mutter auftauchen wird und sie endlich erfährt, was passiert ist. Ihre große Liebe liebt natürlich ebenfalls das Kino, will selbst einen Film drehen, und so ziehen die beiden zusammen und eine wunderbare Zeit beginnt. „Das Kino des Lebens“ ist durch und durch eine Achterbahnfahrt der Gefühle – einerseits herrscht die gesamte Zeit über eine Melancholie und tiefe Traurigkeit über den Verlust der Mutter vor, es schwebt aber auch immer der Hoffnungsschimmer in der Luft. Und natürlich die Liebe fürs Bewegtbild.
Ich habe mich richtig in dieser Geschichte wiedergefunden, da ich das Kino bzw. den Film genauso liebe wie unsere Protagonistin es tut. Zugegeben, ich muss dafür zwar nicht immer ins Kino, da ich doch etwas lautstärkeempfindlich bin, aber so mancher Film sieht auf der ganz großen Leinwand doch um einiges besser aus als auf dem heimischen TV. Auch, wenn es mich mittlerweile nicht mehr so oft ins Kino zieht – die Filme, die ich schauen will, laufen in Deutschland meist nicht an – so bin ich doch gerne dort und es ist immer ein Erlebnis. Und vor allem kann man für zwei Stunden einfach mal die Welt ausblenden.
Fazit: Die Flucht aus dem Alltag, der für die Protagonistin nicht immer das beste bereit hält – das illustriert und erzählt Jimmy Liao gewohnt meisterhaft, stets melancholisch und vor allem aber wunderschön! Alle Kinoliebhaber sollten in dieses Bilderbuch für Erwachsene einen Blick werfen, es findet sich auch die ein oder andere Anspielung, die dem „Kino des Lebens“ noch einen besonderen Charme verleiht.
Jimmy Liao / Das Kino des Lebens / Chinabooks Verlag / Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 130 Seiten / ISBN: 978-3-905816-85-3 / Erschienen am 13.03.19 / zur Verlagsseite
Erst dann merkt man, dass man einen ganz besonderen Menschen gefunden hat, wenn man für eine Minute die Klappe halten und die Stille mit ihm genießen kann… Es ist so, wie die verliebten Filmschauspielerinnen sagen.