Heute möchte ich euch eine Manga-Reihe vorstellen, die an einigen bestimmt völlig vorbei gerauscht ist. Es geht um Kabi Nagatas „Meine lesbische Erfahrung mit Einsamkeit“ sowie den Folgeband „Dialoge mit mir selbst 1“ (Teil 2 erscheint demnächst in Deutschland).
In diesen beiden Manga gibt die Autorin autobiographisch wieder, wie sie als lesbische Frau in Japan lebt – wie sie ihre Homosexualität vor ihren Eltern und auch vor der Gesellschaft verstecken muss und dadurch in ein immer tieferes Loch aus Einsamkeit stürzt. Mitten in ihrer Depression hat sie dann beschlossen, tagebuchartige Beiträge zu zeichnen und online zu veröffentlichen, die diese schwierige Zeit des „Not-Coming-Outs“ wiedergeben. Dabei trifft sie auf verwandte Seelen, die mit ihr lachen und weinen, die genau dasselbe durchmachen.
Der Folgeband „Dialoge mit mir selbst 1“ schließt direkt an die Ereignisse von Band 1 an und zeigt, dass Kabi Nagata eine große Fangemeinde aufgebaut hat und nun sogar weltweit gelesen wird. Ihren Eltern hat sie sich jedoch immer noch nicht anvertraut und kann ihre Arbeit gar nicht mit diesen teilen. Sie selbst wird jedoch immer selbstsicherer im Umgang mit ihrer Homosexualität – was aber einen starken Widerspruch zu der Scham bildet, die sie überkommt, wenn sie wieder einen Anlauf unternimmt, das alles mit ihrer Familie zu teilen. Die Spirale der Depression ist also weiterhin ungebrochen, Selbstzweifel, Ängste und auch die Einsamkeit drohen, Überhand zu nehmen und sie aufzufressen.
Der Zeichenstil hat mich sofort angesprochen – im Vergleich zu anderen Manga ist er reduzierter und stilisierter. Die Manga sind zudem vollständig 2-farbig (schwarz & rosa). Die Story an sich, die ja streng genommen keine richtige Handlung aufweist, sondern vielmehr Episoden aus dem Leben der Autorin zeigt, fand ich stellenweise richtig deprimierend. Für jemanden, der glücklicherweise nicht unter Depressionen leidet, sind die Handlungen Kabi Nagatas nicht immer nachvollziehbar – deshalb ist es auch umso wichtiger, dass auch „gesunde“ Menschen über dieses Thema lesen!
Fazit: Da es sich hier um eine Autobiographie handelt, dürft ihr kein Happy End erwarten. Vielleicht schafft die Autorin es in Band 3, die Krallen der Depression abzuschütteln, aber die ersten beiden Teile des Manga sind relativ düster – so sehr, dass man am liebsten mitten rein springen und die Autorin umarmen möchte. Wer einen „leichten Einstieg“ in das Thema Depression sucht und auch den Bezug zu Homosexualität in Japan interessant findet, sollte mal einen Blick in diese beiden gestalterisch sehr ansprechenden Bände (und dann bald auch den dritten Teil!) riskieren.
Kabi Nagata / Meine lesbische Erfahrung mit Einsamkeit & Dialoge mit mir selbst 1 / Carlsen Verlag / Taschenbuch, 144 & 176 Seiten / ISBN: 978-3-551-76277-1 & 978-3-551-73136-4 / Erschienen 26.03.19 & 28.01.20 / zur Verlagsseite