Ein sprachlich bezauberndes Buch, leider blieb von der Story im Nachhinein nicht viel hängen.
An einem verregneten Frühlingstag findet Miyu einen kleinen Kater am Straßenrand. Ohne zu zögern nimmt sie das ausgesetzte Tier bei sich auf und tauft es Chobi. Die introvertierte, junge Frau lebt allein, der Umgang mit anderen Menschen fällt ihr schwer. Doch plötzlich ist da diese Katze, die ihre Einsamkeit lindert. Auch für Chobi ist die Begegnung die Chance auf ein neues Leben. Schon bald streunt er durch die neue Nachbarschaft und das Leben seiner zwei- und vierbeinigen Bewohnerinnen. Während sich die Menschen mit den Herausforderungen des modernen Lebens konfrontiert sehen, wissen ihre tierischen Weggefährten, dass sich das Glück nicht festhalten lässt.
Dieses Buch hatte ich bereits eine Weile auf dem Schirm – ganz besonders, nachdem ich den Manga „She and Her Cat“ vom gleichnamigen Autor gelesen hatte. Denn der basiert wie sich herausstellt ebenfalls auf der gleichen Grundlage wie der Roman „Das Geschenk eines Regentages“: einem Anime-Kurzfilm mit dem Namen „Kanojo to Kanojo no Neko“, den Shinkai zu Beginn seiner Karriere im Animesektor kreierte. Der Stoff dieser fünf Minuten wurde immer weiter ausgeweitet, bis sich daraus der erwähnte Manga, ein weiterer kurzer Anime mit mehreren Episoden und nun eben auch dieser Roman entstanden sind. Puh, was für eine Story! Aber durch diese verschiedenen Medien war es mir im Nachhinein möglich, die Geschichte auf vielerlei Arten zu erleben – auch, wenn ich im Endeffekt nicht rundum begeistert war. Es geht also um eine junge Frau (Miyu), die ein ausgesetztes Kätzchen findet und kurzerhand mit nach Hause nimmt. Während Anime und Manga sich darauf fokussieren, was daheim bei Miyu passiert, wie sie ihr Leben lebt und wie Chobi (so tauft sie den Kater) dieses ein wenig erheitert. Schnell driftet alles in eine sehr melancholische Richtung, denn Miyu ist die meiste Zeit allein, arbeitet viel und scheint depressiv zu sein – mehr als oberflächliche Eindrücke erhalten wir leider nicht. Der Kater nimmt dies ebenfalls wahr, akzeptiert dies aber und versucht nicht, ihre Laune etwa aufzuhellen. Dabei vergöttert Chobi seine Retterin, er wird nicht müde zu erwähnen, wie schön sie doch ist und bezeichnet sie anderen Katzen auf der Straße gegenüber als seine „Geliebte“. Das ist richtig: ein nicht geringer Teil aller Medien beschäftigt sich damit, die Geschichte aus Sicht des Katers zu erzählen, was ich eigentlich unheimlich spannend fand. Leider zeigt sich hier wie bereits erwähnt der „Male Gaze“ des Autors und eben auch des Katers.
Die Probleme meiner Freundin vermochte ich nicht zu lösen. Das Einzige, was ich tun konnte, war einfach bei ihr zu bleiben und mein Leben zu leben.
Was „Das Geschenk eines Regentages“ allerdings anders macht als seine „Vorgänger“ (falls man das so nennen kann): Der Roman dehnt die Story noch weiter aus und erzählt nicht nur episodenhaft aus dem Leben drei weiterer Figuren, die alle etwas miteinander zu tun haben, sondern führt auch weitere Katzen ein, aus deren Perspektive ebenfalls erzählt wird. Das fand ich schön und auch nötig, denn ein episodischer Kurzfilm und auch ein Manga machen noch lange keinen Roman. Mithilfe einer schönen Erzählsprache, die sich sehr angenehm liest, ist daraus eine runde Sache geworden. Jedoch wird sehr oft auf die Tränendrüse gedrückt und die emotionale Schiene erscheint mir etwas zu gewollt. Oftmals wurde die locker-leichte Sprache und Atmosphäre mit unerwarteten Einblicken in das Frauenbild Japans unterbrochen, beispielsweise, als eine Frau von einem Kollegen belästigt wird, weil „das ja so üblich ist“. Doch hier bleibt Makoto Shinkai leider an der Oberfläche, anstatt den Leser etwas mehr aufzurütteln – was in meinen Augen aber völlig in Ordnung ist.
Fazit: So schnell ich das Buch auch durchgelesen hatte, so schnell habe ich dieses auch wieder vergessen – und das, obwohl ich sowohl den Manga, den ursprünglichen Kurzfilm sowie die später veröffentlichten Anime-Folgen zusätzlich konsumiert habe. Und das spricht in meinen Augen nicht gerade für eine gute Geschichte, auch wenn das Leseerlebnis an sich ja angenehm war. Aber wenn ich mich ein paar Wochen nach der Lektüre schon nicht mehr an die Handlung erinnere, ist das schade. Und das, obwohl Shinkai mich mit seinem Anime „Your Name“ im Kino bitterlich weinen ließ und ich den Film bereits noch einmal schauen musste, obwohl mir die Handlung mehr als präsent war.
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom S. Fischer Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Makoto Shinkai & Naruki Nagakawa / Das Geschenk eines Regentages / Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 256 Seiten / ISBN: 978-3-10-397067-8 / Erschienen am 28.04.21 / zur Verlagsseite